Arbeitszeitgesetz ändern!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die proletarische Plattform zeigt mit der Forderung „Beschränkung der Wochenarbeitszeit auf maximal 40 Stunden. Änderung des Arbeitszeitsgesetzes!“ Präsenz auf dem 1.Mai in Hamburg und Kassel. Ebenso startete DIE LINKE am 1.Mai ihre Kampagne „Das muss drin sein“ mit fünf zentralen Themen prekärer Arbeits- und Lebensverhältnisse. Unter dem Punkt „Arbeit umverteilen statt Dauerstress und Existenzangst“ fordert DIE LINKE die Änderung des Arbeitszeitgesetzes: „Maximale Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden senken!“ Einige gute Argumente für solch eine Initiative bietet das hier als pdf zur Weiterverbreitung bereitgestellte Flugblatt.

Flugblatt_Gesetzliche 40-Stunden-Woche 2
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Kommentar zum 1. Mai 2015:

Die Volksgemeinschaft aufkündigen!

 

Im letzten halben Jahr erlebte die Kasseler Innenstadt häufiger lebendige Demonstrationen von streikenden Lohnabhängigen verschiedenster Branchen. Stets dreht es sich um ein Bündel ähnlicher Forderungen: Mehr Lohn – Mehr Personal – Weniger Arbeitshetze – Weniger Überstunden – Kürzere Wochenarbeitszeit – Tarifliche Umgruppierung oder gar überhaupt Tarifverträge. Die Stimmung ist regelmäßig kämpferisch. Geht man von der Summe der Aktiven all dieser gewerkschaftlich organisierten Arbeitskämpfe aus und von der Aktualität ihrer Forderungen, dann wären heute eigentlich mehr 1. Mai-Demonstrationsteilnehmer hier in Kassel zu erwarten gewesen.

 

Dass dem nicht so ist, hat viele Gründe. In Deutschland wurde wieder der „Tag der Arbeit“ gefeiert. In vielen Ländern der Erde wurde der 1. Mai auch diesmal als „Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“ begangen. Er entstand vor 125 Jahren aus blutig niedergeschlagenen Protesten in Chicago. Er musste in allen Ländern erkämpft werden. Deutschland bildet eine Ausnahme. Hier endete der häufiger blutig verlaufene Kampf um den 1. Mai im Jahre 1933. Da schenkte Hitler der deutschen Volksgemeinschaft den 1. Mai als „Tag der nationalen Arbeit“. Tags darauf besetzten die Nazi-Schergen die Gewerkschaftshäuser. Die Gewerkschaften lösten sich auf. Eine Woche später wurde die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als Einheitsverband von „Arbeitnehmern“ und „Arbeitgebern“ gegründet. Es war die Gründung der deutschen Volksgemeinschaft, bei der die Kontrahenten Kapital und Arbeit sich in einem nationalen Boot die Pflichtaufgaben für das Gedeihen von Kapital und Staat kompromissartig aufteilten.

 

Den heutigen Lohnabhängigen in Deutschland wurde der Kampftag der Arbeiterklasse verdreht als „Tag der Arbeit“ in die ideologische Wiege gelegt. Die meisten freuen sich jedoch einfach über einen freien Tag. Die deutsche Provinz verbindet den 1. Mai mit dem Tanz in den Mai oder anderen Anbandelungs-Bräuchen. Die Lohnabhängigen in Deutschland meinten lange, nicht mehr um den Erhalt oder Verbesserungen ihrer Lebenslage kämpfen zu müssen. Die Gewerkschaften würden das schon alles für sie regeln. Die Demonstrationsbreite dieses Jahrs zeigt allerdings, dass es inzwischen vielen dämmert, dass sie selbst für ihre Forderungen gemeinsam mit allen eintreten müssen. Und warum kommen sie denn dann nicht zur 1. Mai Demonstration?

 

Für konkrete eigene Forderungen stehen sie offensichtlich ein. Könnte es sein, dass sie den oft wortgewaltigen Sprüchen der Gewerkschaftsreden am 1. Mai keinen Glauben schenken? Das DGB-Motto zum 1. Mai 2015 lautet beispielsweise: „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!“ Da fragen sich viele wachen Zeitgenossen: Wie können dann Mitgliedsgewerkschaften des DGB der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) bei deren Streiks in den Rücken fallen? Wie kann sich dann die DGB- Führung neben der SPD als eine der treibenden Kräfte für das jetzt gesetzlich durchgezogene „Tarifeinheitsgesetz“ den Arbeitgebern und deren Politik an den Hals schmeißen? Und dabei das Streikrecht zerstören? Erst recht: Wie konnte die DGB-Führung 2003 den Hartz IV-Gesetzen zustimmen? Und heute klagen sie, sich arglos gebend, über zunehmende Leiharbeits- und prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Dabei öffnete die DGB-Führung selbst Tür und Tor dazu.

 

Warum sollten sich die Lohnabhängigen also die schönen Feiertagsreden am 1. Mai anhören? Warum sollten sie sich vom Dauerschmu „Gute Arbeit“ beschallen lassen, während sie tagtäglich die prekären Arbeitsbedingungen zu spüren bekommen. Bei allen obigen grundlegenden sozial-politischen Klassenkonflikten hätte der DGB seine Mitglieder zum entschlossenen Abwehrkampf gegen die Verschlechterung ihrer Lebenslage aufrufen können. Die Erfahrung lehrte leider: Um sich als unabkömmliche Ordnungsmacht zu beweisen, fiel und fällt die DGB-Führung den Lohnabhängigen faktisch in wichtigen sozialpolitischen Fragen in den Rücken. Die regelmäßig raschen Tarifabschlüsse, die die Führungen der großen Gewerkschaften und die Arbeitergeberverbände in brenzligen Situationen aus dem Hut zaubern, demotivieren zusätzlich gerade die aktiven Kollegen. Wir leben in der neubefestigten, freiwilligen deutschen Volksgemeinschaft. Die Gewerkschaftsmitglieder wurden dazu nie befragt. Sie fahren ja zum Großteil gut damit, während ihre prekär beschäftigten Kollegen nebenan wie die Arbeitslosen im Regen stehen.

 

Die Erfahrungen in Deutschland nach 1989 mit gewerkschaftlich organisierten Kämpfen zeigen, dass die Lohnabhängigen in Deutschland ausgebremst werden, bevor sie ihre Kampfkraft um den Erhalt oder die Verbesserung ihrer Lebenslage überhaupt voll entwickeln können.

 

Führt man sich die von Berlin dominierte Austeritätspolitik in der EU vor Augen, dann stehen den Kollegen und Kolleginnen auch in Deutschland noch harte Kämpfe um den Erhalt ihres Lebensstandards ins Haus. Denn es geht um das regierungsamtlich zum höchsten Gut der Nation erklärte endlose Ziel. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und aller EU-Länder im Kampf um den Weltmarkt. Es geht erklärter Weise um den Ausbau „Europas“ zur Weltmacht. Das bedeutet automatisch gesteigerte Konkurrenz zu den USA und China und der Erhöhung der Kriegsgefahr durch den Eingriff Europas als imperialistischer Großmacht. Deutschland will hierbei „mehr Verantwortung in der Welt übernehmen“. Das kostet viel Geld fürs Militär. Da müssen die Lohnabhängigen eben Opfer bringen für die Stärkung von Vaterland und Kapital. Es wird spannend, wie die Politik und auch die Gewerkschaften die Ausgabenverlagerung hin zum Militärapparat den Lohnabhängigen verkaufen wird. Und es wird spannend, wie die Lohnabhängigen kommenden Angriffen der Arbeitgeberseite, den staatlichen Sparrunden und Arbeitsmarktreformen begegnen werden. Die Lohnabhängigen in Deutschland werden selbst gewerkschaftlich aktiv werden müssen, um den DGB und die Einzelgewerkschaften auf einen unnachgiebigen Kurs im Interesse der Lohnabhängigen zu bringen.

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Kommentare: 2
  • #1

    ulf (Dienstag, 11 August 2015 15:44)

    siehe u.a. auch in diesem Zusammenhang: http://fpd.blogsport.de/2015/08/11/lest-den-extra-tip/

  • #2

    ulf (Dienstag, 22 November 2016 00:03)

    aus dem hamburger jour fixe info 62-16 ( http://www.jourfixe.hamburger-netzwerk.de/ ):

    "Überlange Arbeitszeiten
    Bei knapp einem Viertel aller Beschäftigten in der BRD (ca. 43 Mill. bei einer Bevölkerung von ca. 81 Millionen) nimmt der Job mehr als 45 Stunden pro Woche in Anspruch. Bei den Vollzeit-Beschäftigten ist es sogar ein Drittel. 17% gaben in einer Befragung an, sogar 48 Stunden und mehr pro Woche arbeiten zu müssen.
    Quelle: DGB-Index „Gute Arbeit“ – Junge Welt 12.2. 2016"

Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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