3. Deutschlands Notwendigkeit einer Großraumwirtschaft

Die Ideologie und Praxis des hässlichen Deutschen ist historisches Produkt der problematischen Stellung des deutschen Kapitals als Nachzügler am kapitalistischen Weltmarkt des 19. Jahrhunderts. Der moderne Weltmarkt samt Kolonialreichen wurde seit dem 16. Jahrhundert ständig durch Seeschlachten, Freibeuterei, Plünderung, Brandschatzung seitens der Nachzügler gegen die jeweilige Hauptmacht neu aufgeteilt. Aggressive Kanonenbootpolitik samt Annexionen waren damals die unhinterfragten Gewaltmittel der sich herausbildenden Nationalstaaten, sich mittels des „natürlichen“ Rechts des Stärkeren ein gehöriges Stück Kuchen des Weltmarkts zu sichern.

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Gegenwärtig sind wir objektiv mittendrin im dritten Anlauf Deutschlands zur Eroberung einer Weltmachtrolle – die USA und GB sprechen von der neuen deutschen Frage. Hierin ist das Gelingen des Zuerst-Europa die Voraussetzung für das deutsche Phantasma und-dann-die-ganze-Welt.

Folgend werden die drei Anläufe durch Zitate nur äußerst knapp charakterisiert. Dies soll zunächst hinreichen als erste Schlaglichter auf Kontinuität und Brüche/Unterschiede in der deutschen Geschichte nach 1871, was das Dilemma eines zu kleinen nationalen Binnenmarktes bei besetztem Weltmarkt angeht und den modifizierten deutschen Konzepten einer europäischen Großraumwirtschaft. Wie dabei die deutsche Ideologie zur Blüte kommt, ist allerdings eine wichtige Essenz unserer Argumentationslinie, die nach und nach herausgearbeitet wird.

                                                                                                                                              

Um 1845:

Schon vor der Gründung des zweiten Deutschen Kaiserreichs 1871 sieht sich der Deutsche Bund und dessen Zollunion vor die Tatsache gestellt, überall auf protektionierte Märkte für die eben erst in Gang gesetzte deutsche Industrie zu stoßen. Im Rahmen des nachhinkenden zerstückelten Deutschland hatten Preußens ostelbische Junker keine Chance, das überschüssige Getreide zu exportieren.

 

Beim Recherchedienst German-Foreign-Policy heißt es im Historischen Archiv:

„In der Phase der Konstituierung des Deutschen Zollvereins (1834) entstanden erste Pläne für eine europäische Großraumwirtschaft unter deutscher Führung.
Die Manufakturnationen Preußen und Österreich sollten dabei die Hegemonie über ein Gebiet von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer übernehmen. Den Ländern Ost- und Südosteuropas wurde der Status von Agrar- und Rohstoffproduzenten zugeschrieben. Gleichzeitig sollten sie als deutsche Absatzmärkte und als Handelsbrücke in den Nahen Osten dienen. Gebiete Afrikas und Lateinamerikas waren als "Ergänzungszonen" vorgesehen.
Mit diesem Kontinentalimperialismus wurde eine deutsche Großmachtstellung in Konkurrenz zu Rußland und den Seemächten Großbritannien und Frankreich beabsichtigt. Als Grundlage der wirtschaftlichen Durchdringung weiter Teile Ost- und Südosteuropas galt neben der Kontrolle der Donau der Bau von Eisenbahnlinien, den preußische und österreichische Kapitalgeber in dieser Periode in großem Maße vorantrieben.“ [1]

 

Als Ideologe des wirtschaftlich zurückgebliebenen, feudalen deutschen Flickenteppichs schrieb der Nationalökonom Friedrich List 1846, sich an die damals mächtigste Nation Großbritannien anbiedernd:

„Der herrschende Teil der Völker dieser Erde hat seit einiger Zeit angefangen, sich mehr und mehr nach ihrer Abstammung voneinander auszuscheiden (...) daß man in politischer Beziehung von einer deutschen, einer romanischen und von einer slawischen Rasse spricht; allein diese Unterscheidungen scheint großen Einfluß auf die praktische Politik der Zukunft üben zu sollen. An der Spitze der drei Rassen stehen England, Frankreich und Rußland... Es ist kaum einem Zweifel unterworfen, daß die germanische Rasse durch ihre Natur und ihren Charakter von der Vorsehung vorzugsweise zur Lösung der großen Aufgabe bestimmt ist, die Weltangelegenheiten zu leiten, wilde und barbarische Länder zu zivilisieren und die noch unbewohnten zu bevölkern, weil keiner der beiden anderen Eigenschaften beiwohnt, in Masse nach fremden Ländern auszuwandern, dort ... vollkommenere Gemeinwesen zu gründen und sich von dem Einfluß barbarischer und halbbarbarischer Urbewohner freizuhalten.” [2]

 

Lists Traum des „artgleichen“ Zusammengehens der großen englischen Flotte und Kolonien mit dem idealistisch projizierten Teutschland war typischer Ausdruck deutsch-völkisch vulgarisierter Nationalökonomie. Hier drängte das rassegetränkte Denken der Geistesgrößen nicht nur Deutschlands – als herrschafts-ideologische Übergangsform feudaler Blutsgemeinschaft zu sich heraus differenzierenden Nationalstaaten – in die politische Praxis. Die maßlose Überhöhung selbst zu gewiesener Eigenschaften speist sich aus dem feudalistisch zurückgebliebenen deutschen Selbstverständnis von Nation als Kulturnation ohne eigenen bürgerlichen Nationalstaat. Da werden selbst die armutsbedingten Auswanderungswellen aus Deutschland nach Amerika noch funktional für deutsche Größe umgedeutet. Das praktische Befangen sein im Anerkennungsverhältnis von Obrigkeit und Untertan ließ das Verhältnis von der Gleichheit der Bürger und bürgerlichem Staat denkerisch höchstens rein abstrakt zu, da das Sein nun einmal das Bewusstsein bestimmt. Deutschland wurde nicht territorial begrenzt als Nationalstaat gefasst, sondern: Deutschland ist überall, wo Deutsch gesprochen wird, also auch in Gegenden Südosteuropas und „Amerikas“.

 

AKT eins: Ab 1870 bis Ende 1918:

Entfaltung und erstes militärisches Austoben des hässlichen Deutschen:

Deutschland stieg nach 1900 zur führenden Industrienation Kontinentaleuropas auf. Trotz oder gerade wegen der 1871 erfolgten Annexion Elsass-Lohringens war der mit der Reichsgründung erstmals geschaffene nationale deutsche Binnenmarkt viel zu eng für die industrielle Massenproduktion von Waren.

Exemplarisch auch im Sinne der Kontinuität des daraus folgenden deutschen Vormachtstrebens in Europa stehe die dreiste Konzeption eines liberalen oder gar ethischen Imperialismus deutscher Färbung vom Pfaffen Friedrich Naumann in seinem 1915 herausgegebenen Bestseller Mitteleuropa[3]. Dort popularisiert der damalige Führer der Liberalen und gegenwärtige Namensgeber der FDP-Stiftung säuselnd die Annexionsgelüste des deutschen Militarismus. Er propagiert als Kriegsziel das römische Imperiumsmodell[4] aus der Zeit der Paulskirche von 1848: den Kern bilden Österreich-Ungarn und Deutschland. Das prospektiert besiegte Frankreich sowie Belgien und Niederlande und die Schweiz sollten mit diesem Kerneuropa in Zollunion treten. Bei Naumann liest sich dies inhaltlich wie folgt: elastisch sollten alle anderen Staaten an den Kern herangeführt werden, Nahziel: völkisch organisierte Großraumwirtschaft zwischen Nordsee und Adria, dort Durchsetzung der deutschen Arbeitsweise – Pünktlichkeit, Disziplin, Ausdauer, Präzision. ”Die deutsche Wirtschaftskonfession (sic!) soll der Charakter von Mitteleuropa werden”, es werde ”im Kern deutsch sein”. Naumann verpfaffte dabei die deutschen Kriegsziele, wie sie Kanzler Bethmann Hollweg am 9. September 1914 in seinem Septemberprogramm vorgelegt hatte:

„Sicherung des Deutschen Reichs nach West und Ost auf erdenkliche Zeit. Zu diesem Zweck muß Frankreich so geschwächt werden, daß es als Großmacht nicht neu erstehen kann, Rußland von der deutschen Grenze nach Möglichkeit abgedrängt und seine Herrschaft über die nichtrussischen Vasallenvölker gebrochen werden.“

  

Die räuberische militärische Verwüstung Europas 1914 – 18 sah der deutsche Militarismus als natürliches Recht des Stärkeren, der höheren Rasse zur Durchsetzung eines weltpolitisch gerechten Platzes an der Sonne[5].

 

AKT zwei: Zwischen 1919 und 1945:

Anbahnung und ungeahnt barbarisch militärisches Austoben des hässlichen Deutschen:

An dieser Stelle sei nur die objektive Problemlage zu kleiner nationaler Binnenmärkte Europas prägnant umrissen:

“Erst ein geschlossener Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Odessa wird Europa das wirtschaftliche Rückgrat geben, dessen es zur Behauptung seiner Bedeutung in der Welt bedarf.”

Carl Duisberg, IG Farben, am 24.3.1931.

                                                                                                                                               

AKT drei in Actu: Ab 1989:

Kenntlich-werden des ökonomisch-politischen dritten Anlaufs Deutschlands zur Weltmacht mit dem Entwicklungspotential zum hässlichen Deutschen:

 

"Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen. Es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und soll diese ausweiten."

Kanzler Kohl in seiner Regierungserklärung 1991

  

„Es ist doch klar, ihr Deutschen wollt nicht Deutschland in Europa verankern.

Ihr wollt den Rest Europas in Deutschland verankern.”  

Maggie Thatcher, Ende 1993 im Spiegelinterview.

 

„Die bösen Geister der Vergangenheit seien keineswegs gebannt, sie könnten immer wieder zurückkommen, warnte der CDU-Politiker. ‚Europa bleibt eine Frage von Krieg und Frieden und der Friedensgedanke also das Bewegungsgesetz der europäischen Integration.‘“[6]  

28. Februar 2012 Kohl im Brief an BILD

 

Das zweite und das dritte Zitat kennzeichnen die beiden Extreme, zwischen denen – wie im Verlauf des Gesamttextes gezeigt werden wird – das EU-Projekt von Anfang an oszillierte und durch die offen angestrebte deutsche Weltmachtrolle seit 1990 (erstes Zitat) so richtig in Fahrt kam. Wie richtig Frau Thatcher bis heute lag, wird täglich offensichtlicher.

 

Was die Frage von Krieg und Frieden in Europa betrifft:

Diese Drohung kommt nur aus dem Munde deutscher Regierungschefs – verstärkt nach 1990. Sie soll das eigene deutsche Völkchen hinter den deutschen Integrationskurs der EU scharen. Das Ausland braucht die sich wiederholende deutsche Drohung erst gar nicht. Europa wurde ja mehrmals plattgemacht durch wahnwitzige deutsche Selbstüberschätzung gerade bezüglich der eigenen militärischen Potenzen. Die Staaten sind nicht zum Spaß in militärischen Bündnissen zusammengeschlossen. Deutschlands militärische Zwergenhaftigkeit beruhigt ganz Europa ganz ungemein. Die EU-Staaten unterlaufen ständig die Aufforderungen Deutschlands zu verstärkter gemeinsamer Außenpolitik, Aufrüstung und Verteidigungspolitik als EU. Die Frage der tatsächlichen Kriegsgefahr im Falle des Zerfalls der EU wird in den nachfolgenden Erörterungen mehrmals als Knotenpunkt neu aufgeworfen und reflektiert und so Stück für Stück genauer eingekreist.

 

Beide vergangenen Phasen deutscher Hässlichkeit der Verwüstung Europas durch den deutschen Militärstiefel entsprangen der unabwendbar objektiven Notwendigkeit des Überlebenskampfs der deutschen Bourgeoisie auf dem Weltmarkt durch die Herstellung zumindest einer europäischen Zollunion – am besten einer europäischen Großraumwirtschaft nach deutscher Vorgabe[7]. Auch der jetzige potenziell hässliche Versuch der Durchsetzung einer deutschen Weltmachtrolle mittelst Drucks zur Herstellung der Vereinigten Staaten von Europa (VSE) ist diesem Dilemma geschuldet.[8]

 

Die politischen Durchsetzungsformen der drei Zuerst-Europa-und-dann-die-ganze-Welt Projekte Deutschlands unterscheiden sich ebenso gewaltig wie das jeweilige politische und ökonomische Personal. Allerdings hatte und hat dieses Personal keine Wahl, den Prozess einer geopolitisch gestrickten europäischen Großraumwirtschaft mit Deutschland als Gravitationszentrum einfach abzulehnen – bei Strafe des völligen Bedeutungsverlusts Deutschlands am Weltmarkt.

 

Im 19. Jh. hätte die historische Schule rassenideologisch vom „tragischen Schicksal und der natürlichen Aufgabe der Deutschen“ gesprochen, den europäischen Flickenteppich von Nationalstaaten wenn nötig gewaltsam zu einen, um den „aufsteigenden Racen“ des 21. Jahrhunderts gemeinsam als „weiße Langnasen“ die hohe (oder war´s die hohle?) Stirn entgegen zu setzen.

 

Was jene Generationen von Insassen des deutschen Wirtschaftsraum der zwei ersten deutschen Anlaufversuche zur Weltmacht betrifft, so lässt sich jedenfalls an dieser Stelle schon sagen, dass die damaligen Proleten keineswegs ein hässliches Deutschland und dessen imperiale Weltmachtrolle herbeisehnten. Vielmehr waren sie beide Male vermeintlich auf dem Wege zu einer besseren Welt jenseits des Kapitalismus. Das Proletariat wurde beide Male auf diesem Weg ausmanövriert: das erste Mal durch die eigenen nationalen Organisationen der deutschen Arbeiterbewegung, das zweite Mal durch die katastrophalen Politikdirektiven der dritten Internationalen. Im ersten Falle liefen die Proletarier der Bourgeoisie als Kanonenfutter in die Arme, im zweiten Falle zerschlugen die NS-Organisationen die Arbeiterbewegung und die Proletarier reihten sich in die Volksgemeinschaft ein. Nur so konnte Deutschland sich im ersten Weltkrieg zum seinen europäischen Nachbarn verhassten Aggressor aufschwingen. Und dann initiierte sich die deutsche Volksgemeinschaft ab 1933 durch proletarisches Blut watend und im antisemitischen Taumel als alle Vorstellungen sprengender hässlicher Usurpator ganz Europas. Zweimal wurde es nichts mit der deutsch-europäischen Großraumwirtschaft.

 

Zum Abschluss des Gesamttextes wird erst ausführlicher darauf eingegangen, wie das Proletariat und seine Organisationen sowohl damals agierten als insbesondere wie die Proletarier im Deutschland des gegenwärtigen dritten Anlaufs zur Weltmacht mittels der ökonomischen und politischen Stärke der erhofften VSE agieren.

 

Die arbeitsteilige europäische Großraumwirtschaft als ökonomische Grundbedingung der VSE ist jedenfalls beim laufenden dritten Anlauf Deutschlands zu seiner „natürlichen“ Weltmachtrolle mit dem noch „unvollendeten“ EU-Binnenmarkt sowie den Politiken der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) schon weit nach Maßgabe des deutschen Gesamtkapitals gediehen. Nun ist die Phase der politischen Neuordnung Europas nach deutscher Vorstellung im vollen Gange. Der Druck Deutschlands auf die EU-„Partner“ zur noch tieferen europäischen politischen Integration wird die Schmerzgrenzen des Souveränitätsverlustes der EU-Nationalstaaten und deren nationalen Abwehrmechanismen hervortreten lassen – übrigens ein höchst spannender Abschnitt der Geschichte zur theoretischen Reflexion der Notwendigkeit oder des Zufalls der Vielzahl der Nationalstaaten.



[2]   Friedrich List, Über den Wert und die Bedingungen einer Allianz zwischen Großbritannien und Deutschland Ausgabe 6142 von Reclams Universal-Bibliothek, 1920

 

[3]   Friedrich Naumann, Mitteleuropa, Berlin 1915

 

[4]   Vgl. auch: Friedrich List, Das nationale System der politischen Ökonomie (1841) In: Schriften, Reden, Briefe Band VII, hrsg. von Friedrich Lenz – Neudruck Aalen: Scientia-Verlag, 1971;

Im historischen Archiv von gfp wird diese Schrift so eingeordnet:

„Die Geburtsstunde der deutschen Nationalökonomie ist auch die Geburtsstunde der Pläne eines deutschen Kontinentalimperialismus und des Konzepts der europäischen Großraumwirtschaft unter deutscher Führung. Die Länder Ost- und Südosteuropas sollten auf die Stufe von Agrar- und Rohstofflieferanten degradiert werden. Der Autor Friedrich List gilt bis heute als "Vater der deutschen Nationalökonomie". http://www.german-foreign-policy.com/de/hist-archiv/dgw/

Eine vernichtende Kritik obiger vulgärer Kathederschrift, siehe: Karl Marx, Über F. Lists Buch „Das nationale System der politischen Ökonomie“ in: Kritik der bürgerlichen Ökonomie : Neues Manuskript von Marx und Rede von Engels über F. List, Berlin (West), VSA 1972, S. 7-43.

 

[5]   Die Wortprägung „Platz an der Sonne“ steht für den deutschen Anspruch auf eigene Kolonien, nachdem die Welt allerdings schon von anderen kolonisiert war. Der deutsche Staatssekretär im Auswärtigen Amt und spätere Reichskanzlers Bernhard von Bülow sagte in einer Reichstagsdebatte am 6. Dezember 1897 im Zusammenhang mit der deutschen Kolonialpolitik: „Mit einem Worte: wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.“  

Es passt wie die Faust aufs Auge deutscher Selbstgerechtigkeitsmechanismen, dass dieses Motto seit der Bonner Republik als Label für die erfolgreichste Fernsehlotterie für „gute Zwecke“ herhält.

   Bezüglich Weltkrieg I siehe: Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18. Fischers Hauptschuldthese wurde entgegengearbeitet; sie wurde entkräftet, ohne sie substanziell zu treffen. Siehe: Hildebrand, Klaus, Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871-1945, München 1997; Konrad Canis: Der Weg in den Abgrund. Deutsche Außenpolitik 1902-1914. Verlag Ferdinand Schöningh. Dominik Geppert rezensiert auf faz-net am 12.02.2012 diesen letzten Band von Canis mehrbändiger Geschichte der deutschen Außenpolitik von 1870 - 1914 mit der Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs dahingehend, dass das deutsche Reich nur auf eine begrenzte Hegemonie aus gewesen sei. Siehe; Konrad Canis: Der Weg in den Abgrund - Der reale Kern der Einkreisungsängste http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/konrad-canis-der-weg-in-den-abgrund-der-realer-kern-der-einkreisungsaengste-11646899.html

 

[7]   Vgl.: Carl Schmitt (1941): Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für Raumfremde Mächte: Ein Beitrag zum Reichbegriff im Völkerrecht, 4. Aufl., Berlin

 

[8]    Der aus der gegenwärtigen ökonomischen Überlegenheit Deutschlands gespeiste Duktus des „gütigen EU-Hegemons“ hat unter dem Label der europäischen Wertegemeinschaft: Freiheit, Gleichheit, Menschenrechte (und so), sein entsprechendes Verkaufspersonal gefunden:

„Sehr geehrte Damen und Herren, es macht mir Sorge, wenn die Rolle Deutschlands im europäischen Prozess augenblicklich bei einigen Ländern Skepsis und Misstrauen auslöst. Die Tatsache, dass Deutschland nach der Wiedervereinigung zur größten Wirtschaftsmacht in der Mitte des Kontinents aufstieg, hat vielen Angst gemacht. Ich war erschrocken, wie schnell die Wahrnehmungen sich verzerrten, als stünde das heutige Deutschland in einer Traditionslinie deutscher Großmachtpolitik, gar deutscher Verbrechen. Nicht allein populistische Parteien stellten gar die deutsche Kanzlerin als Repräsentantin eines Staates dar, der heute angeblich wie damals ein deutsches Europa erzwingen und andere Völker unterdrücken will.

Doch ich versichere allen Bürgerinnen und Bürgern in den Nachbarländern: Ich sehe unter den politischen Gestaltern in Deutschland niemanden, der ein deutsches Diktat anstreben würde. Bis jetzt hat sich die Gesellschaft rational und reif verhalten. In Deutschland fand keine populistisch-nationalistische Partei in der Bevölkerung die Zustimmung, die sie in den Deutschen Bundestag gebracht hätte. Aus tiefer innerer Überzeugung kann ich sagen: Mehr Europa heißt in Deutschland nicht: deutsches Europa. Mehr Europa heißt für uns: europäisches Deutschland!“

So Bundespräsident Pastor Gauck am 22.02.2013 in "Perspektiven der europäischen Idee". Eine Grundsatzrede über Europapolitik. - Und wenn die Krise morgen andere „politische Gestalter“ nach oben spült? Wovon der Herr auch immer tief innerlich überzeugt sein mag, Tatsache ist: die Länder Europas werden tagtäglich ökonomisch und politisch zu einer arbeitsteiligen Großraumwirtschaft nach Maßgabe des deutschen Gesamtkapitals umgemodelt. „Europäisches Deutschland“ wäre gar die Vollendung hiervon. Kein Europäer, der noch recht bei Trost ist, würde diesem deutschen Versicherungsvertreter bei all seinen Gott gestützten Seherqualitäten einen Versicherungsschein über die ewige Güte des EU-Hegemons abkaufen.

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Kommentare: 1
  • #1

    fkw (Freitag, 12 April 2013 10:46)

    die kritik von marx an dem buch von franz list, auf die in der 4. fußnote hingewiesen wird, ist hier nachzulesen:

    http://marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1845/list/flist.htm

Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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