Klasse & Politik heute

Thesen

 

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„Ein Wille der nichts beschließt, ist kein wirklicher Wille; der Charakterlose kommt nie zum Beschließen. Der Grund des Zauderns kann auch in einer Zärtlichkeit des Gemüts liegen, welches weiß, dass im Bestimmen es sich mit der Endlichkeit einlässt, sich eine Schranke setzt und die Unendlichkeit aufgibt:


Es will aber nicht der Totalität entsagen, die es beabsichtigt. Ein solches Gemüt ist ein totes, wenn es auch ein Schönes sein will. Wer Großes will, sagt Goethe, muss sich beschränken können. Durch das Beschließen allein tritt der Mensch in die Wirklichkeit, wie sauer es ihm auch wird, denn die Trägheit will aus dem Brüten in sich nicht herausgehen, in der sie sich eine allgemeine Möglichkeit beibehält.“

Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 13, Zusatz

  

Den Wind der Geschichte, den die Generationen von Kommunisten in ihrem Kampf für die klassenlose Gesellschaft wie eine Naturkraft in ihrem Rücken spürten und der sie nach vorne trieb, nahmen sie für eine längere Zeit nur noch als eine Flaute wahr. Noch bis vor kurzem wurde so ziemlich jeder Bezug auf die „historische Mission des Proletariats“ und die „Gesetzmäßigkeit“ der kapitalistischen Produktionsweise, die zur klassenlosen Gesellschaft führen „muss“, als abgestandene Luft empfunden.

 

Wie tiefgreifend die vorläufige Niederlage im Kampf für die klassenlose Gesellschaft in der Vergangenheit auch war, die aktuelle globale und nationale Situation weist darauf hin, dass die Aufgabe bis heute ungelöst vor dem Proletariat steht.

In dieser deprimierenden Situation, die Niederlage des Proletariats auf der einen und die Notwendigkeit seines Kampfes für die klassenlose Gesellschaft auf der anderen Seite, haben sich im Wesentlichen drei Grundrichtungen herausgebildet:

  • Der demokratische Sozialismus steht für sozialistische Marktwirtschaft, d.h. einen demokratisch gebändigten Kapitalismus, eine so genannte „gesellschaftliche Kontrolle“ der Privaten: die Quadratur des Kreises.
  • Der platonisierte Stalinismus steht für ein auch künftig in nationaler Beschränkung sich verewigendes und damit als Waffe gegen das Kapital entschärftes Staatsmonopol, mit der Maßgabe, ein (allerdings niemals begriffenes) „Wertgesetz“ und noch ein paar andere Errungenschaften sozialistischer Wissenschaft darin stärker zu berücksichtigen; für (im Falle des Falles) neuerliche Koexistenz also mit dem Kapitalismus und Wettbewerb, diesmal aber nicht so sehr um die größere Portion Gulasch, sondern hauptsächlich um die bessere Moral oder „Weltanschauung“.
  • Der hedonistische Kommunismus der reinen Vernunft steht für die sofortige Abschaffung „der Arbeit“, damit des Staates; alle Menschen werden ihrer puren Lust frönende Brüder oder Schwestern – darunter geht gar nichts mehr. Für den Kapitalismus, „das Bestehende“ als das schlechthin Negative, lasse man sich am besten auf keinerlei bestimmte Negation ein, beschränke sich vielmehr auf die Negation schlechthin („negative Kritik“ geheißen).

Der „platonisierte Stalinismus“ zielt hierbei nicht auf die Fortführung des Kampfes für eine klassenlose Gesellschaft ab, sondern steht für eine Rekonstruktion des Zustandes vor der Niederlage des sogenannten real existierenden Sozialismus. Dadurch kann der „platonisierte Stalinismus“ kein programmatischer Weg für die Aufgabe, vor der das Proletariat heute immer noch steht, sein. Er ist daher zur Politikunfähigkeit verdammt. Das Gleiche trifft auf den „hedonistischen Kommunismus“ zu, der durch seine Reduktion auf die Negation schlechthin gar nichts anderes sein kann als politikunfähig. In der aktuellen Situation ist es der „demokratische Sozialismus“, der seine Politikfähigkeit unter Beweis stellt. Aus der Niederlage des Proletariats zieht er die Unmöglichkeit jeder revolutionären Bewegung und stutzt den Kampf für eine klassenlose Gesellschaft auf reformistische vermeintliche Kleinsterfolge zurück. Dadurch sind Vergangenheit und Zukunft des Kommunismus in dieser theoretischen Beliebigkeit, wenn nicht ausgelöscht, dann zumindest nur zur Legitimation des „demokratischen Sozialismus“ zurechtgemacht.

 

Kommunisten haben, wollen sie ihrer historischen Aufgabe gerecht werden, zuallererst einmal ihre Politikfähigkeit wiederzuerlangen.

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Die Partei DIE LINKE – Ansatzpunkte für eine kommunistische Politik

Seit der Bildung der WASG ab 2004, in deren Folge 2007 die Partei die Linke gegründet wurde, tut sich für Kommunisten eine Option auf, wie es sie seit der Trennung der USPD von der SPD im Verlauf des ersten Weltkrieges auf deutschem Boden nicht mehr gegeben hat. Eine von ihrem Selbstverständnis her sozialistische, ihrem politisch-programmatischen Inhalt nach linkskeynesianistische Partei ermöglicht, zumindest formal, von ihrem pluralistischen Selbstverständnis her, die Organisierung von Kommunisten in einer entstehenden Massenpartei. Diese Partei enthält einen inneren Widerspruch: Einerseits formuliert sie als Ziel, wie verschwommen auch immer, eine sozialistische Alternative zum gegenwärtigen Kapitalismus, sie strebt soziale Verbesserungen für die Lohnabhängigen und Erwerbslosen an und stellt sich gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr – andererseits drängt sie in Regierungen und demonstriert ihre Bereitschaft, bürgerliche Politik mitzutragen. Für die Arbeiterbewegung allerdings entsteht so die Möglichkeit sich aus der Gefangenschaft der Sozialdemokratie zu befreien.

 

Das Missverständnis vieler, auch einflussreicher Genossen und Strömungen der Partei zu meinen, mit der Bourgeoisie ins Geschäft kommen zu können, bei gleichzeitiger Androhung von Enteignungsaktionen und der Verweigerung, ihre Kriege zu führen, ist so naiv wie gefährlich. Das Geschäft kommt nämlich nur zustande, wenn Kernpunkte des Programms verraten werden. Umgekehrt kommt das Geschäft nicht zustande, wenn der Antagonismus der beiden Klassen zum Widerspruch zwischen Bourgeoisie und der LINKEN wird. In beiden Fällen eröffnet sich ein Spielraum für die Formierung des Proletariats zur selbstständigen politischen Partei. Die Sollbruchstelle, die damit aktuell gegeben ist, macht es deshalb nicht nur möglich, sondern auch notwendig, dass Kommunisten nicht nur von außen gute Ratschläge geben, sondern in diesem Prozess den entschiedensten, immer weitertreibenden Teil zu bilden haben.

 

Zentrale Aufgabe von Kommunisten „in den verschiedenen nationalen Kämpfen“, auch in der Partei DIE LINKE, ist und bleibt, seit dem Erscheinen des Kommunistischen Manifests, „die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervor(zu)heben und zur Geltung zu bringen, … stets das Interesse der Gesamtbewegung zu vertreten.“

 

Die Verlängerung der Lohnsklaverei auf 67 Jahre, die Armut per Gesetz (HARTZ IV), Studiengebühren und Kriegseinsätze Deutschlands sind folgerichtige Maßnahmen des politischen Personals der herrschenden Klasse. Sie sind abgeleitet aus dem „System der Lohnarbeit“, welches die Quelle des Kapitals ist, um eben dessen Bewegungsgesetz, aus Geld mehr Geld zu machen, Genüge zu tun. Um die Grundlage dieser gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichteten Politik zu beseitigen, muss die Lohnarbeit aufgehoben werden. Dies setzt die Aufhebung des Privateigentums voraus.

„Was den Kommunismus auszeichnet, ist nicht die Abschaffung des Eigentums überhaupt, sondern die Abschaffung des bürgerlichen Eigentums. …

In diesem Sinn können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen.“[1]

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Generalangriff auf die Arbeiterklasse zwingt zum Widerstand

Die große Krise von 2008/2009 ist trotz wirtschaftlicher Erholung noch längst nicht vorbei. Sie ist nur in einem neuen Stadium und auf einer anderen Ebene angekommen. Durch ihre massiven Interventionen in Gestalt von gigantischen Rettungsschirmen und Konjunkturprogrammen stoppten die Staaten die mit der Krise einsetzende Entwertung von Kapital. Auf diese Weise wanderten die Entwertungsrisiken in die Staatsbudgets und in die Bilanzen der Notenbanken. Nun sitzen die Staaten auf schwindelerregenden Schuldenbergen, die mit hohen Defizitquoten rasch wachsen. Die nicht bewältigte ökonomische Krise manifestiert sich inzwischen als Staatsschuldenkrise. Mögliche Konsequenzen sind Staatsbankrotte und Währungsverwerfungen.

 

Die Politik der Schuldenaufnahme an den Kapitalmärkten und des Druckens von Geld („Monetarisierung der Staatsschulden“) stößt auf wachsende Schwierigkeiten. Inzwischen versuchen die Staaten, ihre Schuldenaufnahme durch einen rigiden Sparkurs zu begrenzen, der die Lohnabhängigen (beschäftigte wie unbeschäftigte) erheblich belastet. In einer solchen Situation erweist sich jeglicher Kampf gegen die fortschreitende Verelendung immer größerer Teile des Proletariats als Illusion, sofern sich die Politik an Klassenzusammenarbeit orientiert.

 

Der staatliche Klassenkampf von oben wird ergänzt durch eine Lohnkostensenkungspolitik der Unternehmen, die mehr und mehr versuchen, die noch verbliebenen eigenen Krisenlasten durch Lohnsenkungen, Arbeitszeitverlängerungen und durch Erhöhung des Arbeitstempos auf die Lohnabhängigen abzuwälzen.

 

Der Generalangriff auf die Arbeiterklasse, betrieben von Staat und Kapital, wird nun auch wesentlich offensichtlicher und aggressiver in Deutschland fortgesetzt. Auf vergleichbare Angriffe in anderen Ländern wie z. B. Griechenland, hat die Arbeiterklasse bereits mit Massenstreiks reagiert.

 

Eine Periode verschärften Klassenkampfes steht bevor.

 

Hinzu kommt ein wachsender Protektionismus als Folge einer deutlichen Verschärfung der internationalen Konkurrenz. Weitere politische Mittel sind Wirtschaftskriege bis hin zu Kriegseinsätzen zur Sicherung von Handelswegen und Einflusszonen, wobei die einzelnen Staaten versuchen, die Interessen des jeweiligen nationalen Gesamtkapitals in ein allgemeines Volksinteresse umzuwandeln. Auf diese Weise erhalten die internationalen Konkurrenzkämpfe den Schein von kulturellen, ethnischen, also nationalen Konflikten. 

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Orientierungspunkte der Arbeiterklasse

Die objektiven Bedingungen, unter denen sich die Partei Die LINKE positionieren muss, sind geprägt:

  • erstens von einer riesigen ökonomischen Durchschlagskraft Deutschlands in Europa, welche je nach Interessenslage und Kräfteverhältnis auch gerne mal als uneigennütziger Pazifismus oder Einsatz für die universalen Menschenrechte daherkommt, und von dem stetigen Verfall der US-Macht, wodurch die deutsche Außenpolitik zunehmend aggressiver erscheint;
  • zweitens von immer zahlreicheren Angriffen auf die Arbeiterklasse, ihre Rechte, ihren direkten und indirekten Lohn.

Die kapitalistische Krise mit ihren politischen Auswirkungen zwingt die Bourgeoisie zu diesen Maßnahmen. Die Annexion der DDR erleichterte es ihr, sie ohne größeren Widerstand des Proletariats durchzusetzen.

 

Noch stecken große Teile der Arbeiterklasse wie Vogel Strauß ihren Kopf in den Sand, und sehen dabei nicht – wie einer der Vorsitzenden der Partei die LINKE einmal sagte –, wer ihnen in den Arsch tritt.

 

Die globale ökonomische Krise zwingt die Bourgeoisie zu immer drastischeren Maßnahmen. Unter den Schlägen der Kapitalistenklasse und ihres Staates wird die Klasse, Individuum für Individuum, Gruppe für Gruppe, ihren Kopf aus dem Sand ziehen müssen, nach allen Seiten um sich schauen, wer ihr denn da in den Arsch tritt. Aber nicht nur das; sie wird versuchen sich zu orientieren, sich in der politischen Landschaft umschauen. Wer ist bei ihr, wer formuliert ihre Interessen, wo und wie kann sie sich organisieren?! Noch ist nicht ausgemacht, ob es ihr gelingen wird, das im historischen Verlauf der Arbeiterbewegung bis zur Unkenntlichkeit demolierte und deformierte Klassenbewusstsein zurück zu gewinnen. Selbsttätige, kämpfende Klasse, die im Kampf mehr und mehr ihre eigene Zersplitterung und damit ihr unbewusstes Sein aufhebt, heißt Erstarken des Kommunismus. Es liegt nicht zuletzt an der richtigen Aktivität der Kommunisten, ob dies gelingt.

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Transformationen und Bruchstellen in der Partei Die LINKE

Unter dieser Prämisse kann es einen Run vor allem auf die Partei Die LINKE geben. Damit ändert sie ihren Charakter. Die Partei wird zur Massenpartei. Die Partei wird zur Arbeiterpartei. Diese Radikalisierung von Teilen der Klasse führt den Kommunisten neue Bildungselemente zu. Denn: „Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisieklasse sind, so sind die Sozialisten und Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats“[2] Sobald die Theorie die Massen ergreift, in sie fährt wie ein Blitz[3], nicht mehr nur „Systeme macht“, sondern als Resonanzboden der Wirklichkeit fungiert, nicht mehr nur „im Elend das Elend, sondern auch die revolutionäre umstürzende Seite“[4] in ihr erblickt, hat sie „aufgehört, doktrinär zu sein und ist revolutionär geworden“[5]. Oder wie Engels schreibt: „Für den schließlichen Sieg der im ‚Manifest‘ aufgestellten Sätze verließ sich Marx einzig und allein auf die intellektuelle Entwicklung der Arbeiterklasse, wie sie aus der vereinten Aktion und der Diskussion notwendig hervorgehen musste.“[6] Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Befreiung der Arbeiterklasse, die nur die Tat der Arbeiter selbst sein kann.

 

Die politischen Mehrheitsverhältnisse in der Partei können unter solchen Bedingungen geändert werden. Der zurzeit vorherrschende linkskeynesianische Mainstream in der Partei, der aktuell auch ihre Anhöhen besetzt hat, besteht entweder aus „Gerechtigkeitsträumern“ oder „Ärzten am Krankenbett des Kapitalismus“. Beiden ist allerdings gemein, dass sie die Realisierung einer „sozialen Marktwirtschaft“ allein zu einer Frage des Wollens erklären. Das sich abzeichnende Programm „ist gut gemeint“ und soll sowohl Arbeitern als auch Kapitalisten aus der Krise helfen. Es will also die Erneuerung des „sozialen Kompromisses“, ohne dessen historische Vorbedingung, ohne Wirtschaftswunder und DDR.

 

So wundert sich ein Großteil der Mitgliedschaft tagtäglich aufs Neue, wieso die Politik und die deutsche Wirtschaft so unvernünftig sind, dieses doch erstklassige Angebot abzulehnen. Der linke Gerechtigkeitsmensch will nicht begreifen, dass selbst seine doch so bescheidenen, mehr als „gerechten“ Forderungen unter bestehenden Bedingungen eine Kriegserklärung an die herrschende Klasse sind; und der linke Machtmensch, der einfach nur „mitgestalten“ will, ahnt nicht, dass seine Stunde erst kommen kann, wenn seine Funktion als Konterrevolutionär gebraucht wird: dann wenn das Proletariat zu nennenswerten Teilen in revolutionäre Bewegung geraten ist.

 

Viele linksradikale und kommunistische Gruppierungen formulieren variantenreich diesen Widerspruch.

 

Es gibt nicht wenige innerhalb, aber auch außerhalb der Partei, die an einem Aufweichen der programmatischen Kernpunkte der LINKSPARTEI arbeiten. Viele revolutionäre Gruppen halten den Verrat der Partei an ihrem Programm schon für ausgemacht. Anstatt mit dem Widerspruch, der sich innerhalb der Partei auftut, zu arbeiten, das eigene Gewicht eventuell mit in die Waagschale zu legen, wird das Ergebnis vorweggenommen – und damit die Notwendigkeit, selbst aktiv werden zu müssen, negiert. Selbst wenn der Pessimismus Recht behielte, macht es einen verdammten Unterschied, ob die da ins Haus stehende erneute Niederlage der Arbeiterbewegung einmal mehr ohne nennenswerten Widerstand zustande kommt oder es so erhebliche Gegenwehr gibt, dass in der Folge für die Entwicklung einer selbständigen politischen Kraft der lohnabhängigen Klasse daran angeknüpft werden kann. Solange sich viele revolutionäre Gruppen so verhalten, ist zu erwarten, dass genau dieses von ihnen prognostizierte Ergebnis eintritt. Ein schöneres Beispiel für eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ gibt es kaum. Die Klugheit des linken Radikalismus, der die Vergeblichkeit eines Kampfes um DIE LINKE weissagt, rationalisiert in Wahrheit bloß seine Unlust, die eigene politische Wirkmächtigkeit einer ernsthaften Probe auszusetzen. Man weiß insgeheim um die völlige politische Ohnmacht seines blitzblanken Kommunismus und möchte die lieber nicht auch noch amtlich werden lassen.

 

Doch noch ist nichts entschieden.

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Zur Entstehung einer revolutionär-kommunistischen Arbeiterpartei

Denkbar sind im Wesentlichen zwei Szenarien: Der ernsthafte Versuch der Umsetzung der linken Vorstellungen wird die Gesellschaft, deren ökonomische Polarisierung wieder zunehmend klarer hervortritt, auch politisch stärker polarisieren und die Bourgeoisie zu stärkeren Angriffen auf die Arbeiterklasse zwingen. Bereits der Kampf gegen weitere soziale Verelendung enthält Sprengstoff, weil die Krise Sparprogramme erfordert, die gerade das Gegenteil bewirken sollen. Die Heftigkeit der Klassenkämpfe wird zunehmen. Für soziale Reformen, die auf dem Boden kapitalistischer Produktionsverhältnisse vor sich gehen, verknappt sich stetig der Spielraum, was eine wichtige Voraussetzung für einen Klassenkompromiss ist. Dieser Kompromiss als ein Grundpfeiler der bürgerlichen Gesellschaft lässt sich aber nicht durch kleinliche Zugeständnisse an die Arbeiterklasse sichern. Aber eben dies war und ist eine wichtige Stütze reformistischer Politik. Die Widersprüche innerhalb der Partei dürften sich daher zuspitzen.

 

Die Maßnahmen der LINKEN müssen in diesem Fall über die existierende Programmatik hinaustreiben und sich in Richtung einer völligen Selbständigkeit der lohnabhängigen Klasse entwickeln.

 

Die Aufgaben der Kommunisten in dieser Situation bestehen zum einen darin, das Programm in diese Richtung zu entwickeln, und zum anderen darin, an der Seite der „Gerechten“, die „Machtmenschen“ in der Minderheit zu halten. Zu gegebener Zeit werden sich bei so einer Konstellation die Reformisten von der Partei abspalten.

 

Die andere Entwicklungsmöglichkeit besteht darin, dass die Reformisten sich erfolgreich als vorletzter Retter der Bourgeoisie andienen können. Ihre Aufgabe wird, wie historisch schon des Öfteren geschehen, darin bestehen, jede revolutionäre Regung der Klasse auszubremsen, niederzuringen und zu Kompromissen mit der Bourgeoisie zu kommen. Dies ist nur möglich unter der Bedingung des Verrats an dem wie auch immer unzureichenden Programm. Je nach Stärke der unterschiedlichen Flügel der Partei, kann diese politische Konstellation ebenfalls zur Spaltung der Partei führen.

 

Kommunisten haben in solch einer Situation gegen die konterrevolutionären Tendenzen zu kämpfen, das Programm zu verteidigen und im Falle einer Spaltung die Chance für eine kommunistische Partei zu ergreifen.

*

Aus dem Bisherigen geht hervor, dass die Rolle, die die Partei DIE LINKE zukünftig spielen wird, unseres Erachtens noch nicht ausgemacht ist. Den inneren Widerspruch der Partei aufzuzeigen, zuzuspitzen also politisch zu nutzen, um kommunistische Positionen in diesem Land wieder nach vorne zu bringen, ist unsere Tagesaufgabe. Dazu gehört auch, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Also damit, dass die LINKE von der bürgerlichen Arbeiterpolitik restlos kassiert wird. Es wäre allerdings das Allerschlimmste, wenn so etwas derart sang- und klanglos über die Bühne ginge, dass einmal mehr gesagt werden könnte: „Siehste, haben wir es nicht immer schon gesagt!“

 

Deshalb haben wir die proletarische Plattform gebildet und rufen alle klassenbewussten Kräfte dazu auf, innerhalb und außerhalb der Partei DIE LINKE den Kampf um die proletarische Partei zu führen.

Kassel, 1. Mai 2011



[1]  Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. In Marx/Engels Werke (MEW), Bd. 4, S. 475.

[2]  Karl Marx: Elend der Philosophie. In MEW Bd. 4, S. 143.

[3]  Vgl. Karl Marx: Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. In MEW Bd. 1, S. 391.

[4]  Karl Marx: Elend der Philosophie, a.a.O..

[5]  Ebenda.

[6]  Friedrich Engels: Vorwort zur vierten deutschen Ausgabe (1890) des Kommunistischen Manifests. In MEW 22, S. 57.

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Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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